Streetart

Ist Streetart Kunst oder nur Schmiererei?

Kunst lebt seit dem 19. Jahrhundert unter dem Diktat, ständig Neues, bislang Ungesehenes zu produzieren, wenn sie intellektuell anerkannt werden soll. Mit dieser mehr oder weniger unausgesprochenen Vorgabe wird der Kunst ein Maulkorb angelegt. Es geht nicht mehr um die Inhalte, es geht meist nur noch um die Form, d.h. um die Frage, wie die Farbe auf die Leinwand kommt. Wirklich Spannendes, weil dieser Anspruch auf formale Kreativität nicht gestellt wird, bietet die Streetart. Sie muss nicht um die Meinung einer intellektuellen Minderheit buhlen, die längst den Kontakt zur Basis des Volkes verloren hat. Die Idee zur Wandmalerei entstand meines Erachtens mit den Murales in Lateinamerika. Sie kam nach der Revolution in México auf und verbindet sich mit Namen wie José Clemente Orozco, Diego Rivera und David Alfaro Siqueiros. Ziel dieser Malerei im offenen Raum war es, das Bewusstsein über die eigene Geschichte zu wecken und für soziale Phänomene zu sensibilisieren. Die Kunst sollte aus den Museen hinaus auf die Straße. Auch heute noch findet man überall in Lateinamerika diese Form der Kunst. Hier ein Beispiel aus unserer Reise nach Argentinien 2017:

Dem Grundgedanken der Murales ist die Streetart treu geblieben. Man muss die Streetart allerdings von Graffity abgrenzen, bei der es hauptsächlich um das kunstvolle Schreiben von Namenszügen geht. Sie wird, im Unterscheid zur Streetart, meist illegal ausgeführt.

Ich selbst habe ein gespaltenes Verhältnis zur Graffity, bin mir aber im Klaren darüber, dass viele Streetart-Künstler mit Graffity ihre Kunst entwickelt haben. Man sollte deshalb meines Erachtens für Graffity gezielt Flächen zur Verfügung stellen und Graffitys da entfernen, wo sie nichts zu suchen haben. Das unverlangte Anbringen von Graffity produziert ansonsten in der Bevölkerung Widerstand, der auch die Akzeptanz von Streetart negativ beeinflusst.

Wäre Streetart auch in Pfinztal und Umgebung möglich und wünschenswert? Ich finde, ja. Leere Flächen könnten durch phantasievolle Malerei aufgewertet werden und Pfinztal bereichern. Dass dabei die Gemälde nie ohne die Absprache mit den Grundstückseigentümern angebracht werden dürfen, versteht sich von selbst. Karlsruhe verfügt über hervorragende Streetart-Künstler, wie z.B. Christian Krämer Dome. Vielleicht findet die Streetart mit dem einen oder anderen Werk auch in Pfinztal einen Platz.

Hier zeige ich drei Streetartwerke, die bis zum 30. Oktober in Karlsruhe an der Erzbergerstraße zu sehen waren: